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Die Grenze quer durch Deutschland trennte nicht nur Familien und Freunde, sie beeinflußte auch die wirtschaftliche Entwicklung in
allen Bereichen der Grenzregion. An der Bewaffnung der damals eingesetzten Kräfte läßt sich leicht ablesen, dass die Grenztruppen der DDR in erster Linie gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt waren.
22 Jahre lang
war für die 150 Einwohner der kleinen Gemeinde Rüterberg bei Dömitz die Isolation total. Im November haben sie als Ausdruck ihres Freiheitswillens ihr kleines Dorf zu einer selbständigen Republik erklärt.
Rüterberg-ein ganz normales Dorf. Doch Eingesperrtsein bestimmte das Leben der Einwohner. Der Wegweiser an der Straße von Dömitz nach Boizenburg macht auf eine Besonderheit aufmerksam. Das kleine Dorf Rüterberg an de
Elbe im Landkreis Ludwigslust ist offiziell Dorfrepublik. Von 1961 bis 1989 war die Gemeinde im Grenzstreifen zwischen den beiden deutschen Staaten durch meterhohe Zäune rundherum von der Außenwelt abgeschnitten.Zur Mahnung an
diese Zeit haben die Rüterberger Teile der Grenzanlagen und einen Wachturm erhalten.
Die Gemeinde Rüterberg liegt am Elbufer auf einer Art vorgelagerten Landzunge. Zu DDR-Zeiten war dies mitten im Grenzgebiet.
Die Bewohner mussten beim Betreten und Verlassen des Ortes jedes Mal ihre Papiere vorzeigen; Besuch zu empfangen war kaum möglich. Als Erinnerung an diese Zeit gab sich der Ort nach dem Fall der Mauer den Namen
"Dorfrepublik Rüterberg". Im Jahr 2004 wurde das geschichtsträchtige Rüterberg in die Stadt Dömitz eingemeindet.
Elbe als Grenzfluss
Insgesamt bildete die Elbe von Schnackenburg bis kurz vor Lauenburg die
deutsch-deutsche Grenze. Bis 1961 war sie weitgehend nicht durch Anlagen befestigt, also eine sogenannte grüne Grenze. In den folgenden Jahren wurde der Grenzbereich jedoch zum Sperrbezirk erklärt und immer schärfer bewacht.
Während dieser Zeit wurde die gesamte Grenzlinie zwischen der DDR und der BRD umfangreich ausgebaut, mit Grenzzäunen versehen und teilweise vermint. Eine Situation, die nicht nur die Bürger, sondern auch die Wirtschaft der DDR
enorm belastete: Zwischen 1961 und 1964 sollen Kosten in Höhe von 1,8 Milliarden DDR-Mark für den Ausbau der Grenze angefallen sein, davon etwa 400 Millionen DDR-Mark für den Bau der Berliner Mauer. Die laufenden Kosten werden
pro Jahr auf rund 500 Millionen DDR-Mark geschätzt. Allein der Grenzzaun, der 1988 rund um Rüterberg den vorherigen Zaun ablöste, soll rund elf Millionen DDR-Mark gekostet haben. Weitgehend unberührt von Menschen konnte
sich allerdings in den Sperrbezirken die Natur ungestört entwickeln. So blieb auch in den Grenzbereichen der Elbe eine erstaunliche Artenvielfalt in der Tier- und Pflanzenwelt erhalten.
Grenzgebiet
Das Dorf Rüterberg an der Elbe war zu DDR-Zeiten ein Grenzdorf.
Durch seine exponierte Lage auf einer Landzunge war Rüterberg von drei Seiten von BRD-Gebiet umgeben. Die DDR-Machthaber ließen das Dorf von einem Zaun einschließen, um Fluchtversuche von vornherein zu unterbinden. Die
Bürger mussten beim Betreten ihres Heimatortes ihre Papiere vorweisen. Nach dem Fall der Mauer benannte sich Rüterberg um in "Dorfrepublik Rüterberg"..
Seit 1340 existiert am Ostufer der Elbe das heute
benannte Rüterberg. 1896 wurde am Ortsende des Dorfes eine Klinkerfabrik errichtet, und sieben Jahre später entstand eine zweite Ziegelei im Ortsteil Broda.
Ab dem 1. Juli 1945 verlief entlang der Elbe auf 95 Kilometer
Länge die Grenze zwischen den westlichen Besatzungszonen und der sowjetischen Besatzungszone. Rüterberg wurde über Nacht zu einem Grenzdorf. Zwei sowjetische Kommandanturen ließen sich vor Ort nieder. Die Bevölkerung passte
sich den Umständen entsprechend an und kooperierte in den meisten Fällen mit den sowjetischen Besatzern und ab 1949 mit der SED-Führung.
Zwangsaussiedlungen aus Rüterberg
Am frühen Morgen des 6. Juni 1952 rollte ein Konvoi mit verschiedenen Lastkraftwagen und Autos in Rüterberg-Broda ein. Polizisten und Angehörige des MfS
stürmten und besetzten eine Vielzahl von Gebäuden. Mehrere Familien mussten in aller Eile die nötigsten Dinge zusammenpacken und ihre Häuser verlassen. Sie wurden in das Hinterland zwangsweise umgesiedelt. Die "Aktion
Ungeziefer" wurde auch in Rüterberg konsequent durchgeführt. Unter den Vertriebenen waren die Besitzer der zwei Ziegeleien und des Sägewerks. Das Industriedorf drohte auszusterben. Im Zuge der "Aktion
Festigung" wurden am 3. Oktober 1961 26 Grundstücke eingeebnet, manche Wohnhäuser wurden von der LPG als Kälberstalle weitergenutzt. Die Grenzanlagen entlang des Elbufers wurden befestigt. 1967 erfolgte am Ostufer der Elbe
ein weiterer Ausbau der Grenzanlagen, die Sicherung der Grenze wurde zunehmend vom Wasser auf den Uferstreifen entlang der Elbe verlegt. Niemand sollte bis ans Ufer der Elbe treten können. Im Zuge dieser Baumaßnahmen wurde
rings um Rüterberg ein zweiter Grenzzaun errichtet, der nun das Dorf auch vom restlichen Territorium der DDR isolierte. Im Jahr 1980 flog der Armeegeneral der DDR, Heinz Hoffmann, per Hubschrauber nach Rüterberg
Er landete auf einer freien Fläche des Rüterberges. Von diesem Standpunkt aus waren es nur ca. 100 Meter bis zur höchsten Erhebung am Rande des Dorfes (44m über NN ). In seiner Begleitung befanden sich führende Generäle des
Warschauer Paktes. Der von den Rüterbergern so gern benutzte Aussichtspunkt bot einen uneingeschränkten Blick über das Elbtal mit dem großen Elbbogen am Damnatzer Eck. Die Sichtweite reicht hinein bis in das westliche Wendland
des Kreises Lüchow-Dannenberg in Niedersachsen. Hier fanden die Militärstrategen des Warschauer Paktes weitere Sichtmöglichkeiten, um ihre Pläne zur Vernichtung des kapitalistischen Gegners zu vervollständigen.
Von der
"Tunnelbergstraße" aus, bis hin zu der Anhöhe des Rüterberges wurde eigens für die ranghöchsten Generäle eine Treppe gebaut. Als Baumaterial dienten bis dahin noch nicht benötigte Grenzpfähle. Für die Herren wurde ein
Zelt aufgestellt mit freier Sicht zum Westen, zum imperialistischen Klassenfeind. Hoch auf gepolsterten Sesseln sitzend, konnten sie hier optisch die Spuren der Lützower Jäger aus dem Jahre 1813 verfolgen. Die schwarzen Husaren
aus den Befreiungskriegen hatten während der Septembertage von1813 die schmale Furt der Elbe bei Broda genutzt, um schnell und ohne Aufwand über die Elbe westwärts zu kommen. Der Ludwigsluster Panzerkommandant
konnte"blitzartig" berechnen, welche Zeit er benötigen würde, um auf einer Notbrücke mit seinen Panzern über die Elbe übersetzen zu können. Trotz der strengsten Geheimhaltung dieses Treffens war die Nachricht vom
Besuch Hoffmanns in Rüterberg durchgesickert. Vorher war alles sorgfältig abgesperrt worden. Sogar die wenigen privaten Telefonanschlüsse waren während dieser Zeit gesperrt. Im militärischen Planspiel des roten Imperiums
spielte der Ort Rüterberg eine wichtige Rolle. Nach diesem Treffen soll Hoffmann geäußert haben: "Wir brauchen Rüterberg aus strategischen Gründen, Rüterberg soll nicht abgerissen werden." Danach wurden die Pläne
aufgegeben, Rüterberg abzureißen und die Menschen bis 1986 auszusiedeln.
In diesem Zusammenhang erklären sich die Maßnahmen aus dem Frühjahr 1988. In diesem Zeitraum wurde der Hauptgrenzzaun aus dem Elbbogen-Elbe km
507-511 bis hin zum Ortsrand am Rüterberg und weiter bis zum Ortsrand Broda zurückversetzt. In einem Bereich von ca. 80 ha wurde freies Schußfeld geschaffen. Es paßt genau in das militärstrategische Bild des Warschauer
Pakttreffens auf dem Rüterberg. Aus dem Kontrollbericht der Grenztruppe vom 30. 1. 1981 Raum Rüterberg: "Die Häuser W. und V. in Broda sind abgetragen. Noch nicht planiert. Sichtfeld ist zu schaffen durch Beseitigung von
Buschwerk und Ausästen von Eichen und Weiden". Wie unwichtig waren doch die Grenzbewohner an der Nahtstelle zwischen "Sozialismus und Kapitalismus". Sie wurden ausgewiesen, ihre Häuser zerstört. Ortsteile
verschwanden. Wer noch wohnen bleiben durfte, hatte sich zu fügen.
Die Erneuerung des zweiten Schutzstreifenzaunes an der B 195 von Dömitz nach Wehningen, die ebenfalls im Frühjahr 1988 unternommen wurde, zeigt, wie
wichtig die Abzäunung Rüterbergs für die östlichen Bündnispartner geworden war. Hier wurden Hundelaufanlagen angelegt. Stolperdrähte mit Signalwirkung vor dem Spurensicherungsstreifen montiert. Diese
Stolperdrähte strotzen voller Heimtücke. Ihre Signalwirkung konnte zu lebensgefährlichen Körperverletzungen führen. Wenige Zentimeter über dem Erdboden wurden sie gut getarnt verlegt. Unachtsame Personen sowie spielende
Kinder konnten leicht Opfer dieser grausamen Fußangeln werden. Die Perversion des SED-Machtapparates kannte besonders an der "Staatsgrenze West" keine Grenzen. Am 6. April 1988 bekommt der neue Zaun mit seiner
doppelseitigen elektrischen und akustischen Stacheldraht-Signalanlage und den 50 cm tiefen Betonklötzen unter dem Zaun als Krönung des Ganzen ein neues eisernes Tor! Es macht einem Gefängnistor alle Ehre.
Der 1967
erbaute "Schutzstreifenzaun" war veraltet. Die Erfahrungen bei den Grenzeinheiten hatten gezeigt, daß der bisherige Zaun nicht unüberwindbar war. Er konnte noch überklettert werden, und es war möglich, im
vorhandenen sandigen Boden das Absperrhindernis zu unter- kriechen. Nach 1967 verzeichnet z. B. die zuständige Grenzeinheit in den Jahren 1968/69 11 Fälle mit Beteiligung von 13 Personen, die diesen
"Schutzstreifenzaun" an der F 195 überwunden hatten. Von den 13 Personen gelang im Raum Dömitz- Rüterberg 5 Personen der "Grenzdurchbruch". Im Klartext: 5 Personen gelang es, nach Überqueren des inneren
Zaunes bis zur Elbe weitere Hindernisse - Stacheldrahtrollen, Kolonnenweg, Spurensicherungsstreifen (Todesstreifen) und den 3 m hohen Hauptgrenzzaun auf dem Eibdeich - zu überwinden. Die Flüchtenden waren nach diesem
Hindernislauf auf Leben und Tod noch lange nicht am Ziel. Der Eibstrom mit all seinen Gefahren mußte schwimmend überquert werden. In den Buhnen am östlichen Ufer lagen die schnellen und wendigen Boote der im Dömitzer Hafen
stationierten 1. Bootsgruppe der Grenztruppe auf Lauer oder kreuzten auf der Elbe. Im Glücksfall konnte ein Zollboot des Bundesgrenzschutzes die Flüchtlinge aufnehmen. Die erfolgreiche Überwindung der Elbe war letztendlich auch
abhängig von den jahreszeitlich bedingten günstigen oder ungünstigen Umständen, im Sommer das Flachwasser und im Winter der manchmal zugefrorene Fluß. Im Jahre 1969 wurde mit dem Bau der Beton-Beobachtungstürme
begonnen, die die vorhergehenden einfachen Holztürme ersetzten. In verschiedenen Grenzbereichen, meistens in schwer zu überwachenden Geländeabschnitten und in der Nähe grenznaher Ortschaften, wurden sogenannte Lichtsperren
(Peitschenmasten mit starken Strahlern) errichtet, mit denen gefährdete Grenzbereiche nachts ausgeleuchtet werden können. 1970 erfolgte die erste Montage der Selbstschußanlage SM 70. In drei Reihen und versetzt sind die
Schußapparate an der ostwärtigen Seite des Metallgitterzaunes an den Betonpfosten angebracht und mit Auslösedrähten verbunden. Der Abstand zwischen 2 Apparaten auf gleicher Höhe beträgt 30 m. Durch Berühren oder
Durchschneiden des Auslösedrahtes werden in dem Kontaktgeber 2 Stromkreise geschlossen. Der eine Stromkreis zündet über eine elektrische Sprengkapsel die Hauptsprengladung des Schußtrichters (102 g Sprengstoff). 118
Stahlwürfel, Kantenlänge 4 mm, werden durch den Detonationsdruck bis zu 25 m geschossen. Der zweite Stromkreis löst Alarmanlagen innerhalb des nächsten Führungspunktes aus.
H,Rasenberger :“Die Dorfrepublik“
Rüterberg ist eingezäunt
"Ihre Dokumente zur Einreise
bitte!" So lautete von nun an die Forderung der Wachposten am einzigen Zugangstor zum Dorf. Dieses Tor blieb von 23:00 Uhr bis zum Morgengrauen komplett verschlossen. Die Einwohner von Rüterberg mussten für den Zugang ihre
Personalausweise vorlegen und fremde Besucher benötigten eine besondere Erlaubnis. Von 1967 bis 1989 gab es kein "Besucht uns doch mal" mehr. Die 150 Einwohner waren komplett eingesperrt und mussten sich mit diesen
Bedingung wohl oder übel arrangieren. 1988 wurde der innere Grenzzaun durch ein stabileres Modell ausgetauscht. Ein Kilometer neuer Grenzzaun kostete dem Staat 1,4 Millionen DDR-Mark. Insgesamt wurden somit elf Millionen
DDR-Mark für die neue Einzäunung ausgegeben. Während der Bauarbeiten nutzte ein Mann die Gunst der Stunde und flüchtete über die Elbe. Anschließend wurden zusätzliche Stolperdrähte installiert und Hundelaufanlagen errichtet.
Bei den Bewohnern von Rüterberg machte sich Wut breit. Das Sprichwort "All zu straff gespannt, zerspringt der Bogen" schien sich auch hier zu bewahrheiten.
Die dritte deutsche Republik
Rüterberg will Selbstständigkeit als Mahnung auch künftig bewahren
Auf deutschem Boden existiert noch eine dritte Republik,die am 14.Juli 1991 gegründet ihre Selbstständigkeit bewahren will. Die Rede ist von der "Dorfrepublik" Rüterberg,einem malerischen Elbdorf im Kreis
Ludwigslust,nur einen Steinwurf entfernt von der Grenze zur Bundesrepublik. Die bisher weithin unbekannt gebliebene Proklamation zur Republik erfolgte am 8.November 1989. An jenem Tag versammelten sich die Einwohner des
Dorfes im Gemeindehaus und gingen einmütig einer 22 Jahre andauernden Entmmündigung zu Leibe.Die 150 Rüterberger lebten in dieser Zeit in nahezu totaler Isolation,eingesperrt zwischen zwei Stacheldrahtzäunen-linker Hand zur
BRD,rechter Hand zur DDR. Vollelektronische Sperranlagen,sorgsam bewachte Schutzstreifen mit freilaufenden Schäferhunden und Stolperdrähte entlang der Dorfstraße kennzeichneten die unerträgliche Situation. Passierscheine zur
Ein-und Ausreise aus ihrem Dorf waren so für jede Fahrt ins nahegelegene Städtchen Dömitz vonnöten. Besuch konnte niemals empfangen werden. Mit der Gründung der "Dorfrepublik" Rüterberg wollten die Einwohner diesen
Demütigungen nachdrücklich ein Ende setzen. Sie forderten die "Öffnung der Grenzen zur DDR".Doch die Ironie der Geschichte war in Rüterberg kompett: Erst am 10.November,also einen Tag nach der Grenzöffnung Richtung
BRD,fielen die Grenzen zur DDR! Der Schneidermeister Hans Rasenberger,der geistige Vater der "Dorfrepublik" und Hauptinitiator der ganzen Aktion,möchte gemeinsam mit allen Rüterbergern auch künftig den Status als
selbstständige "Republik"beibehalten.Als ewige Mahnung gegen die Mißachtung von Staats-und Bürgerrechten,die hier in besonders harter Form ein ganzes Dorf betraf.
"Sobald die Landesregierung besteht,werden
wir an sie mit dem Ersuchen herantreten, den Namen "Dorfrepublik" und die Selbstständigkeit zu behalten. Wir glauben,wir haben uns mit 22 Jahren Isolation ein Recht darauf erworben",meint der angagierte
Schneidermeister,der mit seinem Sohn bereits eigene Postkarten der Republik und einen eigenen Poststempel herausgibt.Beides ist bei Sammlern bereits als Rarität begehrt. Auf dem verwaisten Grenzturm weht inzwischen die
Rüterberger Fahne in den Mecklenburger Farben:das Republikwappen zeigt einen Ritter(Rüter)mit Schild und Schwert,er steht vor einem Berg,die Wellen der Elbe sind angedeutet.
Die Geburtsstunde der "Dorfrepublik Rüterberg“
Am 24.Oktober 1989 wurde von Herrn Rasenberger eine Einwohnerversammlung beantragt.Dieser Antrag ging seinen staatssicherheitlichen Weg bis nach Berlin.Nach Berlin wurde gemeldet: "Aus Rüterberg kommt ein Antrag
zu einer Einwohnerversammlung mit dem Ziel, die Staatsgrenze zu beseitigen." Diese Falschmeldung konnte bevor der Antragsteller mit Konsequenzen rechnen mußte berichtigt werden.Am Mittwoch dem 8.November ist es dann zu
dieser Einwohnerversammlung gekommen.Im Gemeindehaus saßen an diesem Abend 90 Dorfbewohner zusammen um eine Lösung für Rüterberg zu finden.
Natürlich war auch ein Vertreter des Rat des Kreises Ludwigslust anwesend.Außerdem ein höherer Offizier und der Amtsleiter des Volkspolizeikreisamtes. Den Rüterbergern war klar,heute kämen die Fakten zur Sprache
welche schon Tage und Wochen zuvor in den Köpfen gereift waren.Alles was sich in den Jahren des Eingesperrtsein in Ihnen angestaut hatte.Nach einem heftigem Streitgespräch mit den drei Gesandten mußten sie feststellen.das
es nichts gebracht hat. Rüterberg blieb eingezäunt und ausgesperrt .Es hatte sich nichts geändert. Zur Ein.-und Ausreise also weiterhin durch das ständig stark bewachte Tor. Und das, obwohl schon Tausende von DDR-Bürgern den
Weg in die Freiheit gefunden hatten. Jetzt mußte etwas geschehen. Es wurde der Dorfgemeinschaft der Vorschlag gemacht ,die Dinge jetzt selbst in die Hand zu nehmen und nach außen sichtbar zu machen. Der Vorschlag: Eine
Demokratie der Landsgemeinde nach schweizerischem Vorbild. Es mußte ein Begriff gefunden werden, der all das aussagt, was die Besonderheiten von 40 Jahre DDR beinhaltet. "Die Dorfrepublik Rüterberg"
Alle anwesenden stimmten dem zu. Die "Dorfrepublik" war geboren. Das war der 8.November 1989.
Quelle.:H.Rasenberger-"Die Dofrepublik
Hans Rasenberger hatte sich bereits die Jahre zuvor mit
der Geschichte der Schweiz und den dortigen Dorfgemeinschaften beschäftigt. Sorgfältig wurde von ihm ein Schriftstück ausgearbeitet, das er den Anwesenden vorlegte. In diesem Schreiben wurde vorgeschlagen, in der Urform der
schweizerischen Demokratie der Landsgemeinde abzustimmen, um sich somit eigene Gesetze für das Dorf schaffen zu können. "Wer für die Dorfrepublik Rüterberg ist, hebe die Hand", rief Hans Rasenberger den Bewohnern von
Rüterberg zu. Alle 90 anwesenden Bewohner hoben die Hand. Einstimmig sprachen sie sich für die Dorfrepublik aus. Man beschloss, sich von nun an nicht mehr bevormunden zu lassen, das Schicksal fortan in die eigene Hand zu
nehmen. Der Zufall der Geschichte wollte es, dass bereits am nächsten Abend die deutsch-deutsche Grenze und die Berliner Mauer geöffnet wurden.
Staatliche Anerkennung Staatliche Anerkennung wurde Rüterberg am 14. Juli 1991 zuteil. Der Innenminister des Landes
Mecklenburg-Vorpommern, Dr. Georg Diederich, verlieh der Gemeinde Rüterberg das Recht, "Rüterberg Dorfrepublik 1967-1989" zu führen. Bei der Übergabe der Urkunde waren 100 Jugendliche aus 19 Nationen anwesend.
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