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"Für Gefühle war kein Platz"
Der zum Tode Verurteilte
wurde von zwei Wärtern in einen etwa 12 Quadratmeter großen Raum geführt. Der Raum war fensterlos und leer. Der Henker wartete hinter der Tür. Wenn die Wärter einige Schritte zurückgetreten waren, trat der Henker leise hervor
und schoss dem Verurteilten mit einer schallgedämpften Armeepistole in den Hinterkopf. "Ich habe keinen erlebt, der geschrieen oderWiderstand geleistet hätte. Dafür ging alles viel zu schnell", erinnerte sich der
Henker Hermann Lorenz 1991 in einem Fernsehinterview
Korrekt und pflichtbewusst
Hauptmann Hermann Lorenz war
Abteilungsleiter in der Strafvollzugseinrichtung in der Leipziger Alfred-Kästner-Straße. Er galt als korrekt, pflichtbewusst und überpünktlich. 1968 vollzog er zum ersten Mal eine Exekution. "Ich war aufgeregt", sagte
Lorenz, "aber später handelte es sich um eine Aufgabe, die ich erhalten hatte, danach habe ich mich gerichtet. Für Gefühle war da eigentlich nicht viel Platz." Für welches Vergehen er die Menschen liquidierte, hat ihn
nie interessiert.
"Mit dem Schuss war das für mich vorbei"
Bis 1980 erschoss Lorenz
zwanzig Menschen durch den so genannten"unerwarteten Nahschuss in das Hinterhaupt". Die meisten von ihnen waren Schwerbrecher - Mörder und Sexualstraftäter -, einige waren wegen "Spionage" oder
"Landesverrats" zum Tode verurteilt worden. Auf die Frage, welche Gefühle er gehabt hätte, als er die Leichen gesehen habe, antwortete Lorenz: "Mit dem Schuss war das für mich vorbei."
150 Mark pro Exekution
Von seinem Nebenberuf als Henker wusste, abgesehen von
seinem Auftraggeber, niemand etwas. Auch Lorenz' Frau nicht. Seine Arbeit war streng geheim. Mit niemandem durfte er darüber sprechen. Für jede Exekution erhielt er eine Prämie in Höhe von 150 Mark. Gebraucht habe er das Geld
eigentlich nicht, sagte Lorenz, sein Einkommen als Abteilungsleiter sei ausreichend gewesen. Zum Schluss ist er auch noch befördert worden - zum Major
Späte Reue
1980 wurde Hermann Lorenz wegen einer Krankheit
pensioniert. Seit er Zeit zum Nachdenken habe, sagte Lorenz in dem Fernsehinterview, plagen ihn Schuldgefühle. Er würde gerne alles ungeschehen machen. Nach dem Fernsehauftritt verschwand Hermann Lorenz für immer aus der
Öffentlichkeit. Der letzte Henker der DDR starb 2001 in Leipzig.
© 2009 MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
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