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Deutsche Demokratische Republik;
1949 auf dem Gebiet der sowjet.
Besatzungszone gegr., sozialist. Staat, der die heutigen Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen sowie Ost-Berlin umfaßte. Die Gründung war eine Reaktion auf das Entstehen der
Bundesrepublik und bedeutete die Teilung Deutschlands für mehr als vier Jahrzehnte. Die Niederschlagung des Aufstands vom 17.6.1953 festigte die innenpolit. Herrschaft der SED. 1955 übertrug die UdSSR der DDR die »volle
Souveränität«. Der Bau der Berliner Mauer, der die Übersiedlung von DDR-Bürgern in die Bundesrepublik stoppen sollte, trug zur weiteren Eskalation des Kalten Krieges bei. Erst im Zuge der Ostpolitik der Bundesrepublik
Deutschland (Dt.-Sowjet. Vertrag und Dt.-Poln. Vertrag 1970, Viermächteabkommen über Berlin 1971, Grundlagenvertrag 1972) und der damit einhergehenden Entspannung zwischen Ost und West wurde die DDR von fast allen Staaten
diplomat. anerkannt und 1973 zusammen mit der BRD in die UNO aufgenommen. In der zweiten Hälfte der 80er Jahre war die DDR-Führung nicht bereit, den Weg der Perestroika, den M. Gorbatschow in der Sowjetunion durchsetzte,
mitzugehen. Die Unfähigkeit zu polit. Reformen und gesellschaftl. Wandel, die daraus resultierende Unzufriedenheit der Bevölkerung (kein demokrat. Wahlrecht, fehlende individuelle Freiheit) und zunehmende ökonom.
Schwierigkeiten führten 1989 zum Zusammenbruch des sozialist. Systems in einer unblutigen Revolution und zur Wiederherstellung der dt. Einheit durch den Beitritt der heutigen Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen,
Sachsen-Anhalt und Thüringen zur Bundesrepublik Deutschland am 3.10.1990 (nach Art. 23 GG).
POLITISCHES SYSTEM:
Oberstes Organ der DDR war zwar nominell die Volkskammer, in Wirklichkeit wurden aber die grundsätzl. Entscheidungen von der Staatspartei SED getroffen, die eine sozialist.
Gesellschaft anstrebte. Das Prinzip des Demokrat. Zentralismus machte die Beschlüsse der Führung für die unteren Ebenen von Staat und Partei bindend. Politbüro und Zentralkomitee unterlagen keiner rechtl. oder polit. Kontrolle;
die in westl. Demokratien übl. Teilung der staatl. Gewalten wurde aufgehoben. Die Verfassung von 1968 bekannte sich zur führenden Rolle der SED.
GRUNDRECHTE:
Die Verfassung enthielt einen umfangreichen Katalog an Grundrechten. Auf die polit.
Realität wiesen Besonderheiten wie der Artikel 6 hin, der »Boykotthetze gegen staatl. Einrichtungen« zum Verbrechen erklärte und die staatl. Verfolgung der Opposition ermöglichte.
GESELLSCHAFT:
Die Herrschaft der SED wurde seit 1950 durch das allmächtige Ministerium für
Staatssicherheit (MfS) gestützt, das polit. Gegner ausspionierte und verfolgte. Im Jahr des Umbruchs 1989 beschäftigte die »Stasi« ca. 180 000 Personen als sog. »Inoffizielle Mitarbeiter«, mehr als 1% der Bevölkerung.
Massenorganisationen wie die FDJ sorgten für eine zusätzl. staatl. Gängelung.
WIRTSCHAFT:
An der Spitze der DDR-Wirtschaft stand die Staatl. Plankommission (SPK) des Ministerrats, die die ökonom. und soziale Entwicklung in Fünfjahresplänen festlegte. Das ökonom.
System bestimmten die sog. volkseigenen Betriebe (VEB). 80% der DDR-Beschäftigten arbeiteten in diesen VEB, 16% in Genossenschaften, 3-4% in Privatunternehmen.
Die Wirtschaft erreichte innerhalb des COMECON ein relativ
hohes Niveau: Die DDR hatte den höchsten Lebensstandard innerhalb des Wirtschaftsbündnisses und war die zweitstärkste Industriemacht des COMECON nach der UdSSR. Dennoch lag die Produktivität weit unter westl. Niveau. Zudem
basierte die Entwicklung der DDR-Industrie in starkem Maße auf der Ausbeutung von Natur und Umwelt.
VERSCHULDUNG UND DEVISENHUNGER:
Um die Loyalität der Bevölkerung zu sichern, versuchte die DDR-Wirtschaftspolitik in den 70er und 80er Jahren, Konsumbedürfnisse verstärkt zu erfüllen. Diese
Erhöhung des Lebensstandards und der Einkauf westl. Technologie wurden allerdings mit einer wachsenden Verschuldung bezahlt, die 1981 ca. 10 Mrd Dollar erreichte. Die DDR überstand diese akute Zahlungskrise nur mit Hilfe
westdt. Kredite. Der Mangel an Devisen ließ sich nicht beseitigen, obwohl die DDR durch Abkommen mit der Bundesregierung im Rahmen der Entspannungspolitik hohe Einnahmen erzielte. Allein 11 MrdDM erhielt der SED-Staat als
Ausgleich für den Transitverkehr. Den Freikauf von knapp 32 000 polit. Häftlingen bezahlte die Bundesregierung mit Waren im Wert von 3,4 MrdDM. Sie wurden von der Außenhandelsorganisation Kommerzielle Koordinierung (KoKo) der
DDR unter Alexander Schalck-Golodkowski auf dem Weltmarkt gegen Devisen verkauft.
Die wegen der Verschuldung angeordneten Importbeschränkungen führten in den 80er Jahren zu Versorgungsmängeln. Die dadurch entstandene
Unzufriedenheit trug erhebl. zum Zusammenbruch des DDR-Systems bei. Deutsch-deutsche Beziehungen, Deutsche Einheit, Deutschland
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